Über Werte und Bewertungen

„Du wertest schon wieder!“ Diesen Vorwurf hört man öfters und wir haben gelernt, uns zu bemühen, möglichst ohne Wertungen zu kommunizieren. Geht das überhaupt und ist das sinnvoll?  Wertungen können uns auch in Zeiten von Krisen helfen, denn Wertungen stärken die Persönlichkeit.

Fragt man jemanden, spontan seine wichtigsten Werte zu nennen, dann fallen einem kaum welche ein. Harmonie wird dann genannt oder Gesundheit. Viel mehr und viel unterschiedlicher sind die Antworten selten. Harmonisch ist die Welt derzeit draußen nicht und Gesundheit ? Naja.
Dabei gibt es unzählige Werte und all diese Werte sind wie unsichtbare Wegweiser, nach denen wir unser alltägliches Handeln ausrichten, nach denen wir uns auf bestimmte Menschen einlassen und andere wiederum eher auf Distanz halten. Wir bewerten eine Film als interessant, eine Begegnung als bereichernd oder ein Ziel als attraktiv. Wir bewerten ständig und das ist noch nicht ein Problem.
Die Bewusstheit von Werten kann jedoch eine Herausforderung sein und ob die Werte, nach denen man lebt, von anderen unbewusst übernommen wurden oder zu einem selber passen.


Werte sind kein starres Konstrukt, sie sind beweglich, verändern sich mit unseren Erfahrungen laufend und viele Werte, die früher wichtig waren, sind es heute nicht mehr. Haben andere Menschen ähnliche Werte wie wir, fühlen wir uns wohl mit diesen Menschen und können wir entsprechend unserer Werte handeln, erleben wir so etwas wie Sinn und sind zufrieden.

Wir werden uns unsere Werte immer dann bewusst, wenn wir in einer Umgebung leben, in der Menschen andere Werte haben. Dann erkennen wir uns anderen gegenüber als ordentlicher, unordentlicher, achtsamer oder salopper, sozialer oder egozentrierter.

Wie wir die derzeitige Krise überstehen, hat auch mit Werten zu tun. Viele unserer täglichen Gewohnheiten haben sich verändert und die früher übliche Struktur ist weggefallen. Es gibt eine eingeschränkte Freiheit in den Handlungen und den Begegnungen und welche Scherben wir danach kitten müssen, ist noch nicht absehbar.

Aber wir haben immer die Freiheit, all diese Dinge zu bewerten. Ob wir der Krise als Chance oder als Gefahr gegenüberstehen, hat genau mit dieser Bewertung zu tun.

In schwierigen Situationen werde manche Menschen solidarischer, helfen einander und entwickeln Mitgefühl. Andere beginnen sich abzuschotten und identifizieren einen Feind, den sie bekämpfen wollen.

Das, was wir aus der Krise machen, ist das, was wir durch die Krise werden.

Vielleicht ist es möglich, dass wir erkennen, wie abhängig voneinander wir sind, wie verbunden in der  Verwundbarkeit. „Das Ich wird am Du zum Ich“, sagte der bekannter Philosoph Martin Buber und vielleicht lernen wir, dass wir gleichsam in einen Spiegel schauen, wenn wir einem anderen Menschen begegnen.

Diesem Menschen mit einem inneren Lächeln, mit Mitgefühl zu begegnen erhöht die Chance, dass dieser zurück lächelt. So einen Kreislauf zu starten, zahlt sich aus.


Und wenn es nicht klappt? Dann hilft der Humor weiter. Auch diesen Wert können wir pflegen.