Was ist Psychotherapie ?

Was ist Psychotherapie eigentlich?

Menschen kommen in eine Psychotherapie, weil sie an sehr unterschiedlichen Dingen leiden und jede oder jeder ist dabei einzigartig in seiner oder ihrer Gewordenheit, was die Ursache dieses Leidens betrifft. Vereinfacht gesagt leiden Menschen daran, dass sie in ihrer sicheren Beziehung zu anderen Menschen oder zur Umwelt blockiert sind. Meist ist der innerste Selbstwert verletzt und damit der Zugang zu jenen Kräften und Ressourcen abgeschnitten, die nötig wären, den Konflikt oder die Krise alleine zu bewältigen.

Psychotherapie heißt wörtlich übersetzt „Behandlung der Seele“ und meint den heilenden Prozess zwischen der Klientin oder dem Klienten und der Psychotherapeutin rund um belastendes Fühlen, Empfinden, Denken.  Dabei rege ich mit Fragen und Übungen Nachdenkprozesse an. Ich stütze in einer tiefen und echten Verbundenheit mein Gegenüber, wenn belastende Gefühle auftauchen. Als Therapeutin erkläre ich Hintergründe und Zusammenhänge von verletzenden Ereignissen der eigenen Entwicklung. So kann ich helfen, frei von Schuld und Scham die eigenen Probleme und Defizite zu verstehen. Immer wieder rege ich meine Klienten und Klientinnen dazu an, Gefühle wahrzunehmen und diesen zu vertrauen, Neues auszuprobieren, um am Ende auch mit viel neuem Selbstvertrauen sich mutiger und liebevoller dem Leben zuzuwenden.

Geht’s nur ums Reden?

Grundlegend wichtig ist in der Therapie eine sichere und haltgebende Beziehung zwischen den Klienten und mir. Das daraus entstehende Vertrauen und die bedingungslose Wertschätzung machen es möglich, über schwierige Ereignisse oder belastende innere Muster zu sprechen. Diese Beziehung wird über Sprache vermittelt, geht aber weit über das reine Reden hinaus. Der ganze Mensch spricht nicht nur über Worte, sondern auch durch die Augen, durch Bewegungen, den Atem und manchmal auch über das Schweigen, das uns dabei verbindet.

Als Integrative Therapeutin verwende ich auch viele unterschiedliche Materialien – wie malen, Tonarbeit, Arbeit mit Symbolen oder Märchen, eigenen Fotos, Bänder und vieles andere mehr – mit denen Menschen sich ausdrücken und auf innere Szenen oder vergangene Ereignisse schauen können. Der kreative freie Ausdruck kann manchmal die Vieldeutigkeit von Beziehungen und Gefühlen besser erfassen, als es die Sprache kann.   

Ist ein Gespräch mit Freunden nicht dasselbe?

Nicht ganz. Klarerweise helfen alle Beziehungen zu Menschen, die uns Nahe stehen und gute Gespräche sind dabei unendlich wertvoll. In einer Psychotherapie geht’s aber um mehr als das. Als Psychotherapeutin bin ich frei davon, ein bestimmtes Verhalten oder eine bestimmte Einsicht von Klienten haben zu wollen.  Dadurch kommen Klienten ganz in Kontakt zu ihren eigenen Gefühlen, zu ihrer innersten Motivationen, zu ganz unvergleichlichen Einsichten und auch zur jeweils hilfreichsten Lösung.  Ich glaube daran, dass im Innersten eines jeden Menschen ein gesunder Anteil existiert, egal wie traumatisch oder schwer die Lebensgeschichte war, der genau weiß, wie die Heilung der Seele ausschaut. Als Psychotherapeutin begleite ich Menschen in ihrem Prozess, den individuell richtigen Weg zu finden, ihn im eigenen Tempo zu gehen und dabei die notwendigen, heilsame Erfahrungen zu machen. Indem so Belastungen aus übernommenen Haltungen wegfallen, wird dieser innerste Kern stärker und ebnet den Weg raus aus Krisen.

Muss man krank sein, um in Psychotherapie zu gehen?

Niemand ist ganz krank und niemand ganz gesund. Wir bewegen uns alle auf einem Kontinuum dazwischen. Psychotherapie ist dann sinnvoll, wenn man mit den bisherigen Möglichkeiten ein belastendes Ereignis oder immer wiederkehrende schwierige Lebenssituationen alleine nicht lösen kann.

Für mich ist jeder Mensch viel aber immer viel mehr als die Diagnose und die verletzte Seite eines Menschen sagt nichts über seine Möglichkeiten, seine Fähigkeiten und seine Stärke aus.

Eine psychische Diagnose, die man braucht, um von den Krankenkassen einen Zuschuss zu bekommen, ist der Versuch, einem Bündel an Symptomen einen Namen zu geben. Krankheitsdiagnosen sind immer vorläufig, ändern sich im Laufe der Zeit und sind auf keinen Fall ein Stempel, der über einen Menschen etwas aussagt. In der Therapie werden die gesunden Anteile jedes Menschen, die Potentiale ebenso gesehen, wie jene Anteile, die Unterstützung brauchen, um zu heilen.

Warum kostet das so viel?

In Österreich ist Psychotherapie ein Heilverfahren, das anders als bei Ärztinnen und Ärzten, nicht voll von der Krankenkasse übernommen wird. Insofern ist der Selbstbehalt höher.

Alles was man sich in einer Psychotherapie erarbeitet, steht einem selber und allen Menschen, mit denen man zu tun hat, lebenslänglich zur Verfügung. Man macht es in erster Linie für sich, aber irgendwie auch für nahe Menschen und eigene Kinder, denen man sein Leid später nicht weitergibt, weil man die Beziehungen freier und liebevoller gestalten kann.

Manche Bücher und Gurus versprechen schnelle Lösungen. Glücklich zu werden mit den richtigen Glaubenssätzen, mit einem bestimmten 6-Punkte Programm und das sofort. Wenn es wirkt und hilft, ist es gut. Meine Erfahrung aber ist, dass die Seele länger braucht, um zu gesunden. Deshalb dauert Therapie auch länger und ist mit Kosten verbunden, die sich aber auch über die Dauer der Therapie hinaus in einen Nutzen verwandeln.  Wenn man sich aber dafür entscheidet, den Einsatz von Zeit, Geld und Energie einzusetzen, den eine gute Therapie braucht, erntet man ein Leben lang von den Früchten der geleisteten Arbeit.

Wie weiß ich, dass die Therapie mir hilft?

Das weiß ich, wenn es mir am Ende seelisch, sozial und körperlich besser geht. Man hat eine positivere Einstellung zum Leben, führt nährendere Beziehungen, kann mit den Stürmen des Leben besser umgehen, kann seine Potentiale entfalten, fühlt sich gesünder und energetischer, hat grundsätzlich mehr Gelassenheit und Zuversicht und ist freier im gesamten Ausdruck.

Gibt’s wirklich Beweise für die Wirksamkeit von Psychotherapie?

Es gibt jede Menge Forschung zur Wirksamkeit von Psychotherapie und die Heilwirkung ist damit eindeutig belegt. Psychotherapie ist eine vergleichsweise junge Wissenschaft und bis vor kurzem mussten als Beweis subjektive Aussagen der KlientInnen und Klienten nach Ende der Therapie reichen. Mittlerweilen gibt es bildgebende Verfahren, die bestimmte Zonen im Gehirn vor und nach psychotherapeutischen Behandlungen abbilden und diese vergleichen mit z.B. rein medikamentös behandelten Patientinnen und Patienten. Meist ist die Psychotherapie überlegen, in schweren Fällen ist eine Kombination aus beiden Verfahren sinnvoll.

Warum soll man in der Vergangenheit rumgraben?

Das soll man nur dann, wenn belastende Ereignisse der Vergangenheit sich in der Gegenwart auswirken. Überspitzt gesagt, wenn ein Soldat in Friedenszeiten bei jedem lauten Geräusch einen Schweißausbruch bekommt, lebt ein Teil von ihm noch im Krieg.

Bei uns ist es so ähnlich. Wenn etwas sehr belastend war oder überfordernd, dann bleibt ein Teil von uns in dieser Zeit, in diesem Alter stecken und in der Gegenwart handeln wir aus diesem alten Muster heraus und nicht so, wie es sein könnte, wären wir frei von der Belastung. In der Therapie verfolgen wir nur jenes Verhalten bis zu seinem Ursprung in der Vergangenheit, das Menschen in ihrem Lebensausdruck einschränkt. Würde man nur oberflächlich am Verhalten in der Gegenwart etwas ändern wollen, könnte es sein, dass sich das Symptom nicht verbessert.

In der Vergangenheit liegen aber nicht nur Belastungen und negativ Verdrängtes, darin liegen auch noch nicht gelebte Potentiale und unentdeckte Schätze an warmen Gefühlen und an Liebe.

Sind denn immer die Eltern an allem Schuld?

Oft, aber nicht immer, liegt der Ursprung von schwierigen Verhaltens- und Beziehungsmustern in der frühen Kindheit. Je jünger Menschen sind, umso mehr werden sie durch ihr Umfeld geprägt, im Gutem wie im Schlechten.

In den ganz frühen Jahren entsteht das Bild, das man von sich hat, indem man in die Augen von nahen Bezugspersonen wie in einen Spiegel schaut. Sagen diese Augen, dass sie Stress haben, denkt ein kleines Kind, dass es selber Stress verursacht. Spiegeln diese Augen Freude, denkt das Kind, dass es der Grund der Freude ist.
Je später dann schwere Lebensereignisse auftauchen, umso weniger graben sich diese in die Seele eines Menschen ein und sind meist auch einfacher und auch rascher in einer Psychotherapie zu behandeln. Ein schädigendes Muster entwickeln Menschen nur, weil dieses einmal sinnvoll war – in aller Regel hat es aber den Eltern geholfen und die Kinder sichern sich so die Zugehörigkeit. Immer nachzugeben war vielleicht wichtig, weil die Eltern überfordert waren, nicht laut und lebendig zu sein, weil die Umgebung das nicht ertrug, immer nur Hochleistung zu erringen, weil nur dann Aufmerksamkeit sicher war etc.

Haben nicht alle TherapeutInnen selber einen Schaden?

Insofern alle Menschen einen Schaden haben, haben auch alle Therapeuten einen. Wir als Therapeuten haben viel über unsere Probleme gearbeitet, diese reflektiert, sie meist auch verstanden und vieles verändern können. Gerade die Erfahrung von eigenem seelischem Leid macht uns mitfühlender und verständnisvoller. Aber weil nie restlos alles aufgearbeitet ist, sind und bleiben wir fehlerhaft und haben unseren blinden Fleck, wie alle Menschen. Deshalb reflektieren wir unsere Arbeit ständig für uns selber, aber auch mit Kolleginnen und Kollegen und hören nie auf, uns weiterzubilden.

Irgendwann entwickelt man aber auch einen gesunden Humor gegenüber den eigenen Unzulänglichkeiten und vielleicht ist es auch das, was wir am Ende unseren Klientinnen und Klienten mit auf den Weg geben.